Hallo Franka vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für ein Interview mit uns nimmst! Bitte stelle uns zu Beginn Dich und Dein Team bei metr kurz vor:
metr wurde 2016 in Berlin gegründet und ist seitdem stetig gewachsen. Mittlerweise sind wir ein 14köpfiges Team aus erfahrenen Unternehmer*innen, Ingenieur*innen, Datenwissenschaftler*innen und Marketingexpert*innen. 5 Frauen, 4 Nationalitäten, 4 ehemalige GründerInnen – und wir wachsen weiter.
Vielleicht möchtest Du uns Euer Startups, ganz zu Beginn unseres Interviews, kurz vorstellen ?
Wir bei metr entwickeln eine intelligente Gebäudemanagement-Plattform für die Wohnungswirtschaft. Mit ihr bieten wir unseren Kunden – den großen Wohnungsunternehmen, Stadtwerken und Projektentwicklern – eine herstellübergreifende IoT-Infrastruktur und diverse SaaS-Lösungen an, um Mietwohnhäuser durch datengetriebenes Facility Management zu digitalisieren.
Zusätzlich zu unseren selbst entwickelten Produkten für Smartes Submetering und für die Fernüberwachung der technischen Gebäudeausrüstung, werden wir in Zukunft ebenfalls Lösungen von Drittanbietern auf unserer Plattform integrieren.
Wir haben einen ausgezeichneten Zugang zur deutschen Wohnungswirtschaft, und unser Ansatz einer Gebäudemanagement-Plattform mit den Schwerpunkten auf Analogsysteme (Heizung, Trinkwasser, Aufzug) ist einzigartig.
Durch unser multifunktionales Gateway, das wir m-gate getauft haben, und unsere Lösung des Nachrüstens von analogen Systemen, ermöglichen wir eine erhöhte Datenverfügbarkeit. Außerdem aggregieren wir die Gebäuderohdaten auf unserer Plattform und generieren Mehrwerte für unsere Kunden, indem wir diese Daten in einen Kontext setzen und visualisieren.
Welches Problem wollt Ihr mit metr lösen ?
Da 60 % der Wohngebäude älter als 30 Jahre sind, hat die deutsche Wohnungswirtschaft Mühe, einen Überblick über die Betriebszustände tausender analoger Anlagen zu behalten (z. B. Aufzüge, Heizungs- oder Trinkwasseranlagen), die Instandhaltungskosten zu senken und den Energieverbrauch ihres Portfolios zu reduzieren.
Wir machen die Digitalisierung von Wohngebäuden erschwinglich und beherrschbar, indem wir eine Palette von IoT-SaaS-Lösungen und IoT-Infrastruktur für Smart Submetering und Geräteüberwachung bereitstellen.
Unsere Kunden können die besten Lösungen von unterschiedlichen Herstellern einsetzen, ohne sich über die Schnittstellenthematik (bzgl. Hardware oder ERP-Systeme) Gedanken machen zu müssen, da wir alle Angebote auf unserer intelligenten Plattform für Gebäudemanagement bündeln.
Wie ist die Idee zu metr entstanden ?
Die Idee entstand im Rahmen von F&E-Partnerschaften mit zwei großen Wohnungsbaugesellschaften. Zunächst haben wir dabei geholfen, ein Problem im Bereich des herstellerübergreifenden Submeterings (der Fernauslesung von Wärme- und Wasserverbräuchen der Mieter) zu lösen.
Damit haben wir das Vertrauen der degewo netzWerk GmbH gewonnen, unserem ersten F&E-Partner. Später kam die Servicehaus GmbH aus Mannheim dazu. Beide gehören zu den größten Wohnungsunternehmen in Deutschland, und beide sind Vorreiter bei der Digitalisierung von Mietwohnhäusern.
Gemeinsam mit den Geschäftsführern und Mitarbeitern sind wir in die Analyse gegangen und haben überlegt, wo zurzeit die größte Herausforderung bei der Digitalisierung von Mietwohnhäusern besteht. Wir kamen zu dem Ergebnis, dass Altbauten, die den Großteil der Häuser ausmachen (nämlich ca. 90 %), von den neuen Entwicklungen nur geringfügig profitieren.
Viele analoge Anlagen bleiben jahrzehntelang in den Gebäuden und sind nicht in der Lage, mit anderen Systemen zu kommunizieren. Die meisten Smart Building Lösungen werden allerdings für den Neubau entwickelt. So sind wir auf die Idee gekommen analoge Anlage per Retrofit zu überwachen und damit zu mehr Prozessoptimierung und -automatisierung bei der Bewirtschaftung von Wohnraum beizutragen.
Wie würdest Du Deiner Großmutter metr erklären ?
Wir digitalisieren alte Wohngebäude, die mind. 30 Jahre oder älter sind. Aktuell sind diese Gebäude wie eine Black Box. Die Verwaltung weiß nicht, ob die Aufzüge oder die Heizungen funktionieren. Häufig ist der Mieter derjenige, der es der Verwaltung mitteilt. Ab diesem Zeitpunkt müssen Mieter häufig mehrere Tage, manchmal auch Wochen darauf warten, bis die Anlagen gewartet sind und wieder einwandfrei funktionieren. Bis dahin ist es kalt in der Wohnung oder man muss zu Fuß bis in die 5. Etage laufen, weil der Aufzug nicht funktioniert.
Mit unserer Lösung tragen wir dazu bei, dass die Verwalter die volle Transparenz über den Betriebszustand ihrer Anlagen erhalten und bei einem Störfall frühzeitig reagieren können. Im Idealfall ist die Anlage noch nicht ausgefallen, aber aufgrund der Akustik (z. B. beim Aufzug) oder der Temperatur (z. B. bei der Heizungsanlage), die wir aus der Ferne überwachen, wissen wir, dass die Anlage bald ausfallen wird.
Wir stellen der Verwaltung eine Analyse zur Verfügung und warnen sie, wenn es zu Ausfällen kommen kann. Der Verwalter schickt dann eine Wartungsfirma in das Gebäude, um die Anlage zu reparieren, noch bevor es zu einer Störung gekommen ist.
Dies ist eine Win-win-Situation für beide Seiten: der Mieter kann ohne Unterbrechung weiterhin alle Anlagen nutzen und der Verwalter profitiert von einer erhöhten Auslastung sowie einer längeren Verfügbarkeit, da die Anlagen frühzeitig, idealerweise bevor sie ausfallen, gewartet werden können.
Wie funktioniert Euer Geschäftsmodell ?
Wir sind im Bereich B2B aktiv. Unsere Kunden sind große Wohnungsbaugesellschaften, die unsere Software-as-a-Service Lösungen nutzen. Sie zahlen dafür im Voraus eine monatliche Gebühr auf Jahresebene. Für die IoT-Infrastruktur zahlen sie einen einmaligen Preis.
Über unser multifunktionales und herstellerübergreifendes Gateway ist Teil der IoT-Infrastruktur können diverse Applikationen laufen. Je mehr Applikationen der Kunde nutzt, desto mehr spart er damit an Investitionskosten in Hardware. Auf diese Weise wird die Digitalisierung für unsere Kunden erschwinglich.
Auch müssen sie keine Angst haben, auf die falsche Technologie zu setzen. Unsere m-gate ist zukunftsoffen, da es über erweiterbare Funk- und Kabelschnittstellen verfügt und sich damit sowohl in vorhandene als auch zukünftige Systeme einfach integrieren lässt.
Wie genau hat sich metr seit der Gründung entwickelt ?
metr startete mit zwei Personen, mittlerweile sind wir auf 14 angewachsen. Ende des Jahres 2020 wollen wir 18 Mitarbeiter*innen beschäftigen. Der ursprüngliche Fokus von Smart Home und B2B2C hat sich auf Smart Building und B2B gewandelt. Außerdem sind unsere Entwicklungspartner auch zu unseren Kunden geworden.
Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen ?
Ich kann nicht sagen, dass bei uns mal etwas richtig schiefgelaufen ist. Es gab natürlich Herausforderungen sowie Hoch und Tiefs, wie bei jedem Start-up. Ein interessanter Aspekt ist das Co-Creation, was viele Vorteile hat. Wir sind nah dran an den Herausforderungen der Wohnungswirtschaft, wir lernen viel und unsere Co-Creation Partner teilen ihr Wissen und Know-how mit uns.
Auf der anderen Seite sprechen Start-ups und etablierte Unternehmen einer konservativen Branche wie der Wohnungswirtschaft zwei verschiedene Sprachen. Da kann es schon mal zu Unstimmigkeiten hinsichtlich des Entwicklungsfortschritts bzw. Fokus kommen. Aber es ist nichts richtig schiefgelaufen. Im Gegenteil, nach einer manchmal holprigen Reise, die wir gemeinsam mit unseren Partnern gemeistert haben, gelangen wir an unser Ziel und beide Seiten sind sehr zufrieden.
Was habt Ihr daraus gelernt ?
Klarer zu kommunizieren und mehr in die „andere Sprache“ zu übersetzen. Als Start-up und damit kleinerer Partner ebenso ein Statement zu machen und unseren Standpunkt zu vertreten, wie das größere Unternehmen. Denn wir sehen es als eine Partnerschaft auf Augenhöhe.
Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht ?
Einfach zu machen, Ärmel hochzukrempeln und loszulegen. Nicht erst lange entwickeln und dann mit dem Produkt an den Markt gehen. Wir haben von Anfang an unsere Kunden mit einbezogen. Auf dem Weg zum Ziel merkt man dann schon, wo man nachjustieren muss.
Wie ist Euer Startup finanziert ?
Wir haben öffentliche Fördermittel in Höhe von knapp 1 Mio € eingeworben. Außerdem haben wir Wachstumskapital in Höhe von 1,5 Mio € im Rahmen unserer Seed-Finanzierungsrunde eingeworben.
Was sind Eure Pläne und Ziele für die nächsten 12 Monate ?
Wir möchten weiterwachsen und werden im September eine weitere Finanzierungsrunde abschließen. Wir werden neue Produkte auf den Markt bringen und dafür unser Team an Entwickler*innen und Produktmanager*innen weiter ausbauen sowie eine Vertriebsmannschaft aufbauen. Wir werden uns im Bereich Operations weiter professionalisieren. Wir werden die ersten Produkte von externen Herstellern auf unserer intelligenten Plattform für Gebäudemanagement integrieren. Wir möchten nicht nur erreichen, dass unsere Kunden zufrieden sind, sich für metr entschieden zu haben, sondern uns auch gerne weiterempfehlen.
Vielen Dank für das Interview.